Kleiner geschichtlicher Abriss der evang.-ref. Kirche Tschiertschen*
(Nach:· Erwin Pöschel, Die Kunstdenkmäler des Kantons Graubünden, Band II, S. 211-214: Roland Giger, Tschiertschen – Ein Bündnerdorf, Facharbeit Kantonsschule Chur, 1988 und ergänzt durch Angaben aus den Protokollbüchern der Kirchgemeinde Tschlertschen: Alt-Kirchenvorstandspräsldent Andreas Engi, lgis und Pfrn. R. Degen-Ballmer, Tschiertschen, Mal 1995)
Geschichte und Baugeschichte
Die katholische Kirche
In Tschiertschen ist Churwaldner Klosterbesitz schon um 1222 nachgewiesen, was die Zugehörigkeit zum Gericht Churwalden erklärt. In kirchlichen Beziehungen gehörte Tschiertschen jedoch nicht zu den Prämonstratensern in Churwalden, sondern zur Kirche St. Georg in Castiel. Auch Praden, Grida und Runcalier, sowie Calfreisen und Lüen gehörten zu dieser Pfarrei in Castiel, die katholisch war.
Doch das Bestreben der Orte, eigene Kapellen aufzustellen, war gross. Schon bald trennten sich Tschiertschen und Praden von Castiel und errichteten um 1405 in Tschiertschen eine eigene, dem heiligen Jakob und Christoph geweihte Kapelle. Im Jahre 1438 bekamen sie das Begräbnisrecht. Im gleichen Jahr war die Kirche baufällig geworden, und die Tschiertscher verpflichteten die Prader zum Unterhalt der Kapelle. In einer fraglichen Urkunde ist dann zwar nur von einer Wiederherstellung der Friedhofsmauer und dem Neubau des Daches die Rede.
Aber einen eigenen Kaplan hatten die Tschiertscher nicht. Bei den kirchlichen Hauptfesten mussten sie nach Castiel ziehen, was v.a. im Winter oft ein Ding der Unmöglichkeit war, führte doch der schmale Weg, den die Tschiertscher und Prader zu gehen hatten von Praden zur Plessur hinunter und dann hinauf über Lüen nach Castiel.
Sie wollten einen eigenen Kaplan haben, der das ganze Jahr bei ihnen wohnt. Am 9. Mai 1472 wandten sich die Einwohner von Tschiertschen und Praden an den Papst und setzten ihm ihre Lage auseinander:
_ die Dörfer sind zu weit weg von der Pfarrkirche St. Georg in Castiel; dies macht besonders im Winter einen Besuch des Gottesdienstes in Castiel unmöglich
_ Ihr versprechen: ein Priester kann bei Ihnen das ganze Jahr über wohnen, und die Kirche wird dotiert
_ Bitte: eigene Pfarrrechte besitzen.
Diesem Wunsch wird entsprochen, ohne Tschiertschen jedoch zu einer eigenen Pfarrei zu erheben.
Die evangelisch-reformierte Kirche
In der „Bündner Reformations-Geschichte“ von Emil Camenisch lesen wir folgendes: Im Jahre 1488 stifteten die beiden Gemeinden Tschiertschen und Praden „In ihrer dem St. Jakob und St. Christoph geweihten Kapelle eine ewige Messe. Weil man nie wisse, wann der Gerichtstag komme und man nach der heiligen Zwölfboten Zeugnis vor dem Stuhle des Weltenrichters stehe, sei es notwendig, diesem Tage mit guten Werken zuvorzukommen, hinieden zu säen, damit man in der Ewigkeit ernten möge. Zum Unterhalt des Messpriesters wird eine ehrbare Wohnung und ein ziemlicher Krautgarten, sowie eine Summe von jährlich 20 Pfund bestimmt. 39 Familien von Tschiertschen und Praden beteiligten sich an der Stiftung und gaben ihren Willen einmütig dahin kund, dass hinfür ewig in ihrer Kirche die Messe gelesen und der jeweilige Priester oder Kaplan seine Pfarrkinder mit Beichthören und andern Sakramenten versehen solle. Bischof Ortlieb von Brandis bestätigt diese Stiftung unter dem Vorbehalt, dass dieselbe stets nur zugunsten der römischen Kirche verwendet werden dürfe und fügt noch hinzu, dass diejenigen, die nach Tschiertschen zum St. Jakob und St. Christoph wallfahren, 40 Tage Ablass für Todsünden und 100 Tage für lässliche Sünden empfangen sollen.
Es ist, als ob der grosse Kirchenfürst in der Ferne das Wetterleuchten der Reformation bereits gesehen und aus diesem Grunde den einschränkenden Zusatz in seinem Bestätigungsbrief gemacht habe. Wahrscheinlich sind die beiden Nachbarschaften in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts übergetreten, und es ging das der ewigen Messe gestiftete Gut in die Nutzniessung des evangelischen Pfarrers über.“
Nachdem also die Gemeinde zum reformierten Glauben übergetreten ist, wurden die Bilder und Altäre, die in der Kirche waren, nicht zerstört, sondern verkauft. Die Tschiertscher behielten den Reinerlös für sich und gaben den Pradern nichts. Diese vergassen das nicht so schnell und bezahlten deshalb keine Beiträge an die gemeinsame Pfrund bis 1685.
1646-50 wurde das erste Pfarrhaus gebaut. Das zweite Pfarrhaus, in dem heute die Poststelle ist, wurde im Jahr 1834 von Baumeister Joh. Niggli gebaut. Das dritte und jetzige Pfarrhaus wurde 1968 Im Enderdorf gebaut.
Baugeschichte
Wie wir schon erwähnt haben, wird in Tschiertschen erstmals 1405 eine Kapelle genannt, die dem St. Jakob und St. Christoph geweiht war.
Vom ersten Kirchen-Bau stammen heute noch die Umfassungsmauern von Schiff und Chor. Das Chorgewölbe wurde wohl Anfangs des 15. Jahrhunderts errichtet. Der Unterbringung der Glocke diente zunächst nur ein Aufsatz oder ein Dachreiter auf dem Chor. Der Turm wurde vermutlich erst im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts errichtet. Ende des 18. Jahrhunderts erhält das Schiff eine stichbogige Decke. 1897 Renovation.
1951 wurde die Kirche renoviert: Es wurde eine Arvendecke eingebaut und eine Täferung bis gut Brusthöhe angebracht. Die Kanzel hat man tiefer gesetzt und die Empore mit der Orgel, die ins Chor versetzt wurde, entfernt. Eine neue Eingangstüre wurde angebracht. Über der Türe ist eine Schnitzarbeit mit drei Symbolen des Grossvaters Hartmann des Andreas Stocker (Hotel Alpina) zu sehen: Gesetzestafel, Lamm und Anker. Im Chor hat man das Fenster an der Ost-Wand zugemauert und dessen Fensterbild von 1894 an die nördliche Seitenwand versetzt.
1979 Fassaden-Renovation. 1980 wurde diese einfache Landkirche unter Denkmalschutz gestellt. 1991 Sanierung der Kirche (Dach und Fassade).
Baubeschreibung
der Kirche (nach Erwin Pöschel, Die Kunstdenkmäler des Kantons Graubünden, Bd. 2 und ergänzt durch Andreas Engi, lgis und Pfrn. R. Degen Ballmer)
INNERES:
Rechteckiges Schiff und geosteter, eingezogener, flach geschlossener Chor. Innere Masse: Chor (mit Bogen), Länge 5,39m, Breite 4,68m; Schiff Länge 7,10m, Breite 5.90m. Der Chor ist überdeckt von einem stark bombierten, kuppelähnlichen Kreuzgewölbe mit einfach gekehlten Rippen, die aus zugespitzten Konsolstumpfen steigen. Kein Schlussstein. Durch die Gewölbeschale gehen zwei Holzbüchsen, die offenbar als Seilführungen dienten und daher auf die Existenz eines Glockenaufsatzes schliessen lassen. Die drei Fenster schliessen rundbogig. Chorbogen halbrund ohne Fase. Das Schiff ist überwölbt mit einer Stichtonne, die, wie sich im Dachbogen an dem weiter hinaufreichenden Verputz konstatieren lässt, an Stelle einer älteren Flachdecke eingezogen ist. Zwei Fenster (gegen Süden) von gleicher Form wie Im Chor.
ÄUSSERES:
Ohne Zierglieder, Schiff und Chor anscheinend ohne Verband (Haarrisse). Die äussere Leibung des südlichen Chorfensters mit leichter Zuspitzung, Portal an der Westwand des Schiffes korbbogig. Einheitliches Satteldach, über dem Chor abgewalmt.
TURM:
Turm südlich des Schiffes, ohne Verband mit ihm und über dessen Ostwand vorstehend. Das Mauerwerk ist unverputzt und von auffallend nachlässiger Bearbeitung und Konstruktion. Runde Gerüstlocher; die Schallfenster schliessen in Rundbogen. Zeltdach mit Bruch. Das Erdgeschoss des Turmes ist mit einer Tonne aus aufrecht gestellten Platten eingewölbt. In der Glockenstube befinden sich vier Glocken.
Die Turmuhr wurde 1905 von der Turmuhrenfabrik Mäder geliefert. 1970 wurde auf Initiative von Herrn Cangina (Gast der Familie Pieth) die Turmuhr revidiert und das Zifferblatt wieder auf Hochglanz gebracht.
WANDMALEREIEN:
An der äusseren Nordwand des Schiffes Reste der oberen Partien eines spätgotischen Wandbildes: Der Gekreuzigte, an seiner Rechten Maria und Sebastian, an seiner Linken Johannes und mutmasslich Jakobus. Rankenborte. Rotbrauner Grund, Konturen gelbrot. Die schwachen Spuren lassen auf eine tüchtige Arbeit aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts schliessen.
Das Wandbild an der Südseite konnte 1981 vor dem Zudecken gerettet werden. Es ist eine Darstellung der Heiligen Katharina aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts.
AUSSTATTUNG:
Abendmahlstisch aus Holz in Form eines Taufsteines und polygone Kanzel. Der Abendmahlstisch erhielt auf Weihnachten 1994 vom einheimischen Schreiner Martin Engi-Lötscher eine mit Intarsien versehene neue Tischplatte (Brot, Kelch und Fische) . Spruch auf der Nordwand: Du bist in Jesus Christus reich begnadet worden, gehe hin und tue fortan seinen Willen!
ORGEL
Die Orgel in der Kirche Tschiertschen ist eine der letzten und auch grössten der sogenannten Toggenburger Hausorgeln. Erbaut 1820 vom Wildhauser Orgelbauer Heinrich Ammann. 1911 wurde sie renoviert und umgebaut durch den Orgelbauer Jakob Metzler, Felsberg. 1951 wurde die Orgel bei der Renovierung der Kirche Ins Chor versetzt. 1963 wurde die Orgel durch die Orgelbaufirma Felsberg restauriert und wieder grösstenteils in den ursprünglichen Zustand versetzt.
Der Prospekt zeigt in der Grundlage mit den geschweiften Türmen und in der Dekoration die Formen des Rokoko, sodass zunächst der Eindruck entsteht, es handle sich um ein Werk aus dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts, bei genauerem Betrachten aber erkennt man eine gewisse Regelmässigkeit und Strenge in der Ausführung der Einzelformen, die zumindest den Einfluss des Klassizismus voraussetzen. Der Prospekt ist daher ein Zeugnis des Nachlebens barocker Formen bis ins 19. Jahrhundert. Hierher gehört auch die Bemalung mit Rocaillen, die Marmorimitation In Kleisterfarben. Bereichert wird das ganze mit den leicht hingetupften Blumen. Über den Seitenfeldern stehen zwei Posaunenengel, die in recht primitiver Art geschnitzt sind, und wohl Zufügung eines einheimischen Handwerkers sind. Schelmisch werden sie auch „Badhosenengeli“ genannt. Trotzdem bereichern sie aber den Prospekt durchaus im Sinne der Gesamtkonzeption.
Die sogenannte Toggenburger Orgel aus dem Jahre 1820 wurde 1963 unter Denkmalschutz gestellt. 1986 wurde eine Generalrevision vom Orgelbau Felsberg unternommen.
KIRCHENGERÄTE
Kelch (mit Patene), Höhe 19,5cm, Kupfer vergoldet,
Sechspassfuss. Auf den sechs Rauten des Nodes die Buchstaben „I H S M A R“, als Abkürzung der Namen Christi und Marlä. Ende 15. Jahrhundert.
BEINHAUS
Das urkundlich um 1515 erwähnte Beinhaus ist spurlos verschwunden.
*Nach der sehr gelungenen Innenrenovation der Kirche 2012 haben die Kirchgemeinde Steinbach und Pro Tschiertschen-Praden einen Führer erarbeiten lassen, der die Kirchengeschichte von Tschiertschen und Praden zusammenfasst und den schlichten aber gediegenen Bau aus dem Mittelalter mit seiner Ausstattung und den Malereien innen und aussen beschreibt. Die vierfarbige Broschüre soll den Leserinnen und Lesern, Einheimischen und Gästen, unser wertvollstes Kulturgut näher bringen. Vorgestellt wird auch die Orgel aus dem Jahr 1820.
«Die Kirche von Tschiertschen. Ein Führer von Martin Domann und Georg Jäger» ist für Fr. 10.– (exkl. Porto) erhältlich in den Kirchen Tschiertschen und Praden, bei Pro Tschiertschen-Praden, beim Tourismusbüro in Tschiertschen und im Bazar Tschiertschen.
Kleiner geschichtlicher Abriss der evang.-ref. Kirche Tschiertschen*
(Nach:· Erwin Pöschel, Die Kunstdenkmäler des Kantons Graubünden, Band II, S. 211-214: Roland Giger, Tschiertschen – Ein Bündnerdorf, Facharbeit Kantonsschule Chur, 1988 und ergänzt durch Angaben aus den Protokollbüchern der Kirchgemeinde Tschlertschen: Alt-Kirchenvorstandspräsldent Andreas Engi, lgis und Pfrn. R. Degen-Ballmer, Tschiertschen, Mal 1995)
Geschichte und Baugeschichte
Die katholische Kirche
In Tschiertschen ist Churwaldner Klosterbesitz schon um 1222 nachgewiesen, was die Zugehörigkeit zum Gericht Churwalden erklärt. In kirchlichen Beziehungen gehörte Tschiertschen jedoch nicht zu den Prämonstratensern in Churwalden, sondern zur Kirche St. Georg in Castiel. Auch Praden, Grida und Runcalier, sowie Calfreisen und Lüen gehörten zu dieser Pfarrei in Castiel, die katholisch war.
Doch das Bestreben der Orte, eigene Kapellen aufzustellen, war gross. Schon bald trennten sich Tschiertschen und Praden von Castiel und errichteten um 1405 in Tschiertschen eine eigene, dem heiligen Jakob und Christoph geweihte Kapelle. Im Jahre 1438 bekamen sie das Begräbnisrecht. Im gleichen Jahr war die Kirche baufällig geworden, und die Tschiertscher verpflichteten die Prader zum Unterhalt der Kapelle. In einer fraglichen Urkunde ist dann zwar nur von einer Wiederherstellung der Friedhofsmauer und dem Neubau des Daches die Rede.
Aber einen eigenen Kaplan hatten die Tschiertscher nicht. Bei den kirchlichen Hauptfesten mussten sie nach Castiel ziehen, was v.a. im Winter oft ein Ding der Unmöglichkeit war, führte doch der schmale Weg, den die Tschiertscher und Prader zu gehen hatten von Praden zur Plessur hinunter und dann hinauf über Lüen nach Castiel.
Sie wollten einen eigenen Kaplan haben, der das ganze Jahr bei ihnen wohnt. Am 9. Mai 1472 wandten sich die Einwohner von Tschiertschen und Praden an den Papst und setzten ihm ihre Lage auseinander:
_ die Dörfer sind zu weit weg von der Pfarrkirche St. Georg in Castiel; dies macht besonders im Winter einen Besuch des Gottesdienstes in Castiel unmöglich
_ Ihr versprechen: ein Priester kann bei Ihnen das ganze Jahr über wohnen, und die Kirche wird dotiert
_ Bitte: eigene Pfarrrechte besitzen.
Diesem Wunsch wird entsprochen, ohne Tschiertschen jedoch zu einer eigenen Pfarrei zu erheben.
Die evangelisch-reformierte Kirche
In der „Bündner Reformations-Geschichte“ von Emil Camenisch lesen wir folgendes: Im Jahre 1488 stifteten die beiden Gemeinden Tschiertschen und Praden „In ihrer dem St. Jakob und St. Christoph geweihten Kapelle eine ewige Messe. Weil man nie wisse, wann der Gerichtstag komme und man nach der heiligen Zwölfboten Zeugnis vor dem Stuhle des Weltenrichters stehe, sei es notwendig, diesem Tage mit guten Werken zuvorzukommen, hinieden zu säen, damit man in der Ewigkeit ernten möge. Zum Unterhalt des Messpriesters wird eine ehrbare Wohnung und ein ziemlicher Krautgarten, sowie eine Summe von jährlich 20 Pfund bestimmt. 39 Familien von Tschiertschen und Praden beteiligten sich an der Stiftung und gaben ihren Willen einmütig dahin kund, dass hinfür ewig in ihrer Kirche die Messe gelesen und der jeweilige Priester oder Kaplan seine Pfarrkinder mit Beichthören und andern Sakramenten versehen solle. Bischof Ortlieb von Brandis bestätigt diese Stiftung unter dem Vorbehalt, dass dieselbe stets nur zugunsten der römischen Kirche verwendet werden dürfe und fügt noch hinzu, dass diejenigen, die nach Tschiertschen zum St. Jakob und St. Christoph wallfahren, 40 Tage Ablass für Todsünden und 100 Tage für lässliche Sünden empfangen sollen.
Es ist, als ob der grosse Kirchenfürst in der Ferne das Wetterleuchten der Reformation bereits gesehen und aus diesem Grunde den einschränkenden Zusatz in seinem Bestätigungsbrief gemacht habe. Wahrscheinlich sind die beiden Nachbarschaften in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts übergetreten, und es ging das der ewigen Messe gestiftete Gut in die Nutzniessung des evangelischen Pfarrers über.“
Nachdem also die Gemeinde zum reformierten Glauben übergetreten ist, wurden die Bilder und Altäre, die in der Kirche waren, nicht zerstört, sondern verkauft. Die Tschiertscher behielten den Reinerlös für sich und gaben den Pradern nichts. Diese vergassen das nicht so schnell und bezahlten deshalb keine Beiträge an die gemeinsame Pfrund bis 1685.
1646-50 wurde das erste Pfarrhaus gebaut. Das zweite Pfarrhaus, in dem heute die Poststelle ist, wurde im Jahr 1834 von Baumeister Joh. Niggli gebaut. Das dritte und jetzige Pfarrhaus wurde 1968 Im Enderdorf gebaut.
Baugeschichte
Wie wir schon erwähnt haben, wird in Tschiertschen erstmals 1405 eine Kapelle genannt, die dem St. Jakob und St. Christoph geweiht war.
Vom ersten Kirchen-Bau stammen heute noch die Umfassungsmauern von Schiff und Chor. Das Chorgewölbe wurde wohl Anfangs des 15. Jahrhunderts errichtet. Der Unterbringung der Glocke diente zunächst nur ein Aufsatz oder ein Dachreiter auf dem Chor. Der Turm wurde vermutlich erst im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts errichtet. Ende des 18. Jahrhunderts erhält das Schiff eine stichbogige Decke.
1897 Renovation.
1951 wurde die Kirche renoviert: Es wurde eine Arvendecke eingebaut und eine Täferung bis gut Brusthöhe angebracht. Die Kanzel hat man tiefer gesetzt und die Empore mit der Orgel, die ins Chor versetzt wurde, entfernt. Eine neue Eingangstüre wurde angebracht. Über der Türe ist eine Schnitzarbeit mit drei Symbolen des Grossvaters Hartmann des Andreas Stocker (Hotel Alpina) zu sehen: Gesetzestafel, Lamm und Anker. Im Chor hat man das Fenster an der Ost-Wand zugemauert und dessen Fensterbild von 1894 an die nördliche Seitenwand versetzt.
1979 Fassaden-Renovation. 1980 wurde diese einfache Landkirche unter Denkmalschutz gestellt.
1991 Sanierung der Kirche (Dach und Fassade).
Baubeschreibung
der Kirche (nach Erwin Pöschel, Die Kunstdenkmäler des Kantons Graubünden, Bd. 2 und ergänzt durch Andreas Engi, lgis und Pfrn. R. Degen Ballmer)
INNERES:
Rechteckiges Schiff und geosteter, eingezogener, flach geschlossener Chor. Innere Masse: Chor (mit Bogen), Länge 5,39m, Breite 4,68m; Schiff Länge 7,10m, Breite 5.90m. Der Chor ist überdeckt von einem stark bombierten, kuppelähnlichen Kreuzgewölbe mit einfach gekehlten Rippen, die aus zugespitzten Konsolstumpfen steigen. Kein Schlussstein. Durch die Gewölbeschale gehen zwei Holzbüchsen, die offenbar als Seilführungen dienten und daher auf die Existenz eines Glockenaufsatzes schliessen lassen. Die drei Fenster schliessen rundbogig. Chorbogen halbrund ohne Fase. Das Schiff ist überwölbt mit einer Stichtonne, die, wie sich im Dachbogen an dem weiter hinaufreichenden Verputz konstatieren lässt, an Stelle einer älteren Flachdecke eingezogen ist. Zwei Fenster (gegen Süden) von gleicher Form wie Im Chor.
ÄUSSERES:
Ohne Zierglieder, Schiff und Chor anscheinend ohne Verband (Haarrisse). Die äussere Leibung des südlichen Chorfensters mit leichter Zuspitzung, Portal an der Westwand des Schiffes korbbogig. Einheitliches Satteldach, über dem Chor abgewalmt.
TURM:
Turm südlich des Schiffes, ohne Verband mit ihm und über dessen Ostwand vorstehend. Das Mauerwerk ist unverputzt und von auffallend nachlässiger Bearbeitung und Konstruktion. Runde Gerüstlocher; die Schallfenster schliessen in Rundbogen. Zeltdach mit Bruch. Das Erdgeschoss des Turmes ist mit einer Tonne aus aufrecht gestellten Platten eingewölbt. In der Glockenstube befinden sich vier Glocken.
Die Turmuhr wurde 1905 von der Turmuhrenfabrik Mäder geliefert. 1970 wurde auf Initiative von Herrn Cangina (Gast der Familie Pieth) die Turmuhr revidiert und das Zifferblatt wieder auf Hochglanz gebracht.
WANDMALEREIEN:
An der äusseren Nordwand des Schiffes Reste der oberen Partien eines spätgotischen Wandbildes: Der Gekreuzigte, an seiner Rechten Maria und Sebastian, an seiner Linken Johannes und mutmasslich Jakobus. Rankenborte. Rotbrauner Grund, Konturen gelbrot. Die schwachen Spuren lassen auf eine tüchtige Arbeit aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts schliessen.
Das Wandbild an der Südseite konnte 1981 vor dem Zudecken gerettet werden. Es ist eine Darstellung der Heiligen Katharina aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts.
AUSSTATTUNG:
Abendmahlstisch aus Holz in Form eines Taufsteines und polygone Kanzel. Der Abendmahlstisch erhielt auf Weihnachten 1994 vom einheimischen Schreiner Martin Engi-Lötscher eine mit Intarsien versehene neue Tischplatte (Brot, Kelch und Fische) .
Spruch auf der Nordwand: Du bist in Jesus Christus reich begnadet worden, gehe hin und tue fortan seinen Willen!
ORGEL
Die Orgel in der Kirche Tschiertschen ist eine der letzten und auch grössten der sogenannten Toggenburger Hausorgeln. Erbaut 1820 vom Wildhauser Orgelbauer Heinrich Ammann. 1911 wurde sie renoviert und umgebaut durch den Orgelbauer Jakob Metzler, Felsberg. 1951 wurde die Orgel bei der Renovierung der Kirche Ins Chor versetzt. 1963 wurde die Orgel durch die Orgelbaufirma Felsberg restauriert und wieder grösstenteils in den ursprünglichen Zustand versetzt.
Der Prospekt zeigt in der Grundlage mit den geschweiften Türmen und in der Dekoration die Formen des Rokoko, sodass zunächst der Eindruck entsteht, es handle sich um ein Werk aus dem letzten Drittel des 18. Jahrhunderts, bei genauerem Betrachten aber erkennt man eine gewisse Regelmässigkeit und Strenge in der Ausführung der Einzelformen, die zumindest den Einfluss des Klassizismus voraussetzen. Der Prospekt ist daher ein Zeugnis des Nachlebens barocker Formen bis ins 19. Jahrhundert. Hierher gehört auch die Bemalung mit Rocaillen, die Marmorimitation In Kleisterfarben. Bereichert wird das ganze mit den leicht hingetupften Blumen. Über den Seitenfeldern stehen zwei Posaunenengel, die in recht primitiver Art geschnitzt sind, und wohl Zufügung eines einheimischen Handwerkers sind. Schelmisch werden sie auch „Badhosenengeli“ genannt. Trotzdem bereichern sie aber den Prospekt durchaus im Sinne der Gesamtkonzeption.
Die Disposition der Orgel lautet: Oktav 2′, Flöte 4’, Superoktav 1’, Subbass 16′, Prinzipal 4′, Quint 2 2/3′, Copel 8′, Mixtur 3f 2/3′.
Die sogenannte Toggenburger Orgel aus dem Jahre 1820 wurde 1963 unter Denkmalschutz gestellt. 1986 wurde eine Generalrevision vom Orgelbau Felsberg unternommen.
KIRCHENGERÄTE
Kelch (mit Patene), Höhe 19,5cm, Kupfer vergoldet,
Sechspassfuss. Auf den sechs Rauten des Nodes die Buchstaben „I H S M A R“, als Abkürzung der Namen Christi und Marlä. Ende 15. Jahrhundert.
BEINHAUS
Das urkundlich um 1515 erwähnte Beinhaus ist spurlos verschwunden.
*Nach der sehr gelungenen Innenrenovation der Kirche 2012 haben die Kirchgemeinde Steinbach und Pro Tschiertschen-Praden einen Führer erarbeiten lassen, der die Kirchengeschichte von Tschiertschen und Praden zusammenfasst und den schlichten aber gediegenen Bau aus dem Mittelalter mit seiner Ausstattung und den Malereien innen und aussen beschreibt. Die vierfarbige Broschüre soll den Leserinnen und Lesern, Einheimischen und Gästen, unser wertvollstes Kulturgut näher bringen. Vorgestellt wird auch die Orgel aus dem Jahr 1820.
«Die Kirche von Tschiertschen. Ein Führer von Martin Domann und Georg Jäger» ist für Fr. 10.– (exkl. Porto) erhältlich in den Kirchen Tschiertschen und Praden, bei Pro Tschiertschen-Praden, beim Tourismusbüro in Tschiertschen und im Bazar Tschiertschen.