Text und Grafik aus: „Wandern in Tschiertschen und Praden“, Pro Tschiertschen-Praden
Die Pflanzenwelt um Tschiertschen und Praden Um Tschiertschen und Praden findet sich eine Pflanzenwelt, die typisch für die schweizerischen Ostalpen und zudem sehr vielfältig ist. Auf engem Raum sind hier viele verschiedene Pflanzenarten und die unterschiedlichsten Lebensräume vereinigt. Die Verteilung der Vegetationstypen wie Wiesen, alpine Rasen oder verschiedene Waldtypen in den Höhenstufen kann am besten mit der Abb. 1 erläutert werden. Die hier gefundene Vielfalt an Pflanzenarten und Vegetationstypen beruht auf mehreren Ursachen: dem Klima, dem Menschen und dem Gesteinsuntergrund.
Das Klima ist von der inneralpinen Lage geprägt. Inmitten hoher Gebirgszüge fallen relativ zur Höhe über Meer wenig Niederschläge. In Zürich (569m.ü.M.) fallen pro Jahr durchschnittlich 1136mm Niederschlag, in Tschiertschen (1350m.ü.M.) trotz der höheren Lage nur 1050mm. Auch bezüglich der Temperaturen macht sich die inneralpine Lage bemerkbar. Die Gegensätze zwischen Tag und Nacht sowie zwischen Sommer und Winter sind um einiges grösser als an vergleichbaren Orten im Schweizer Mittelland. Tagsüber kann es sehr heiss werden und nachts wieder stark abkühlen. Die Sommer sind verhältnismässig warm, dafür sind die Winter kalt. Diese Tatsachen sind Effekte der vielen und hohen Gebirge, die sich erwärmen und abkühlen, und der in der Höhe dünnen Luftschicht, die eine intensive Ein- und Ausstrahlung erlaubt.
Eine direkte Folge des inneralpinen Klimas ist, dass nur an wenigen Stellen unterhalb von Tschiertschen und Praden die Buche wächst. Die Buche, die häufigste Baumart im Schweizer Mittelland, erträgt die immer wieder auftretenden Spätfröste nach recht warmen Frühlingstagen schlecht. Weitere Laubbäume, die noch hie und da in Siedlungsnähe wachsen, sind die Esche und die Zitterpappel. Der häufigste Waldtyp in der Region ist aber klar der Fichtenwald. Fichtenwälder reichen von tiefen Lagen bei der Plessur bis hinauf an die Waldgrenze. Um Siedlungen oder Maiensässe können auch Lärchen beigemischt sein. Hier werden die lockeren, lichten Wälder zum Teil beweidet. Die Föhre kommt nur an trockenen und warmen Lagen vor, wie z.B. an Steilhängen gegen die Plessur.
Ein weiterer Faktor, der zur Vielfalt der Vegetationstypen beiträgt, ist der Mensch. Durch Rodungen hat er seit dem Mittelalter Grasland geschaffen, das ganz unterschiedlich genutzt wurde. In der Umgebung der Dörfer sind Fettwiesen entstanden, die zweimal jährlich geschnitten werden und teils zusätzlich noch als Frühlings- oder Herbstweide dienen. Auch auf den Maiensässen kommen Fettwiesen vor. Hier werden sie jedoch später gemäht als um die Dörfer. In diesen Wiesen blühen viele grossblütige Blumen. Noch attraktiver und vielfältiger sind die Magerwiesen. Diese werden als letzte gemäht und kommen meist an steilen Lagen vor. In den Fettwiesen der Maiensässe und in den Magerwiesen um das Churer Joch findet man Ende Juni so seltene und schöne Blumen wie die Paradieslilie, die Narzissenblütige Anemone oder die Straussglockenblume. Vom Oberberg bis zum Joch führt ein Weg mitten durch ein Flachmoor von nationaler Bedeutung. Der Wasserhaushalt der Flachmoore ist auf ständig zufliessendes Oberflächenwasser angewiesen. Flachmoore benötigen zudem eine mässige Nutzung durch den Menschen, sonst kann auch hier langsam Wald aufkommen. Diese Flachmoore werden erst sehr spät gemäht. Bis weit in den Sommer hinein sind hier Orchideen und andere Pflanzen zu bewundern. Ebenfalls von Menschen beeinflusst ist der Übergang von der Waldstufe zur alpinen, waldfreien Stufe. Um Weideland für die gealpten Rinder und Kühe zu schaffen, wurde die Waldgrenze bis zu zweihundert Meter gesenkt. Dort, wo diese Weiden nur extensiv genutzt werden, haben sich Zwergsträucher wie die Rostblättrige Alpenrose, der Wacholder oder auch die Heidelbeere stark ausgebreitet. Diese Zwergsträucher wachsen auch im Unterwuchs der Fichtenwälder, besonders in höheren Lagen.
Durchwandert man die alpine Stufe mit ihren Rasen und Felsfluren, so fällt ein weiteres, die Landschaft und Vegetation prägendes Element auf: das Gestein. Da in den Alpen die Bodenbildung nur langsam abläuft, stehen die Pflanzen in sehr engem Kontakt mit dem Gestein und die Art dieses Gesteins beeinflusst die Pflanzen viel direkter als in tieferen Lagen mit mächtigen Böden. Wichtig für das Vorkommen bestimmter Pflanzen sind u.a. der Säure- bzw. Basengehalt des Gesteins, der in der Regel vom Vorhandensein von Kalk- oder Silikatgestein abhängt. Viele Pflanzenarten haben sich auf den einen oder anderen Gesteinsuntergrund spezialisiert und sind fast ausschliesslich entweder über basischem oder saurem Gestein anzutreffen. Die Region zwischen Chur und Arosa ist geologisch sehr komplex aufgebaut (vgl. Abb. 2). Auf kurzen Distanzen wechselt die Art der Gesteine und gekoppelt damit das Pflanzenkleid. Beim Durchqueren der Täler Urden, Farur oder Tälli trifft man abwechselnd auf Saure Rasen mit Borstgras und auf Kalkrasen mit Blaugras. Auch die Fels- und Schuttfluren wechseln ihr Pflanzenkleid je nach Gesteinsart. Grosse Teile der alpinen Stufe werden im Sommer beweidet, v.a. mit Schafen. Da in der alpinen Stufe Frühling, Sommer und Herbst sehr schnell aufeinander folgen, können von Juli bis September fast gleichzeitig die verschiedensten Pflanzen beobachtet werden. Besonders das hintere Urdental ist ein floristisch sehr reiches Gebiet mit einigen seltenen und geschützten Pflanzenarten wie der Klebrigen Primel oder dem Edelweiss.
Martin Camenisch
F = Prättigau- und Oberhalbsteinerflysch Ml = Rhaet und Lias der Aela-Decke Cu = Curver-Serie, mit Ophiolithen (Platta-Decke) TD = Tschirpen-Decke Fm = Malm der Falknis-Decke Rk = Eingewickeltes Rothornkristallin Fc = Kreide der Falknis-Decke Rs = Zugehörige Schichtfolge Perm bis Carnien Ft = Tertiär der Falknis-Decke Rw = Raibler Rauhwacke der Rothornschuppe S = Sulzfluhkalk S Surava SL = Verkehrte Gipfelschuppe des Lenzerhorns (Silvretta-Decke) S-D = Sulzfluh-Decke SM = Muleinschuppe der Silvretta-Decke Az = Aroser Schuppenzone (schwarz: Ophiolithe) M = Aroser-Dolomiten-Aela-Decke Mt = Hauptdolomit
Text und Grafik aus: „Wandern in Tschiertschen und Praden“, Pro Tschiertschen-Praden
Die Pflanzenwelt um Tschiertschen und Praden
Um Tschiertschen und Praden findet sich eine Pflanzenwelt, die typisch für die schweizerischen Ostalpen und zudem sehr vielfältig ist. Auf engem Raum sind hier viele verschiedene Pflanzenarten und die unterschiedlichsten Lebensräume vereinigt. Die Verteilung der Vegetationstypen wie Wiesen, alpine Rasen oder verschiedene Waldtypen in den Höhenstufen kann am besten mit der Abb. 1 erläutert werden. Die hier gefundene Vielfalt an Pflanzenarten und Vegetationstypen beruht auf mehreren Ursachen: dem Klima, dem Menschen und dem Gesteinsuntergrund.
Das Klima ist von der inneralpinen Lage geprägt. Inmitten hoher Gebirgszüge fallen relativ zur Höhe über Meer wenig Niederschläge. In Zürich (569m.ü.M.) fallen pro Jahr durchschnittlich 1136mm Niederschlag, in Tschiertschen (1350m.ü.M.) trotz der höheren Lage nur 1050mm. Auch bezüglich der Temperaturen macht sich die inneralpine Lage bemerkbar. Die Gegensätze zwischen Tag und Nacht sowie zwischen Sommer und Winter sind um einiges grösser als an vergleichbaren Orten im Schweizer Mittelland. Tagsüber kann es sehr heiss werden und nachts wieder stark abkühlen. Die Sommer sind verhältnismässig warm, dafür sind die Winter kalt. Diese Tatsachen sind Effekte der vielen und hohen Gebirge, die sich erwärmen und abkühlen, und der in der Höhe dünnen Luftschicht, die eine intensive Ein- und Ausstrahlung erlaubt.
Eine direkte Folge des inneralpinen Klimas ist, dass nur an wenigen Stellen unterhalb von Tschiertschen und Praden die Buche wächst. Die Buche, die häufigste Baumart im Schweizer Mittelland, erträgt die immer wieder auftretenden Spätfröste nach recht warmen Frühlingstagen schlecht. Weitere Laubbäume, die noch hie und da in Siedlungsnähe wachsen, sind die Esche und die Zitterpappel. Der häufigste Waldtyp in der Region ist aber klar der Fichtenwald. Fichtenwälder reichen von tiefen Lagen bei der Plessur bis hinauf an die Waldgrenze. Um Siedlungen oder Maiensässe können auch Lärchen beigemischt sein. Hier werden die lockeren, lichten Wälder zum Teil beweidet. Die Föhre kommt nur an trockenen und warmen Lagen vor, wie z.B. an Steilhängen gegen die Plessur.
Ein weiterer Faktor, der zur Vielfalt der Vegetationstypen beiträgt, ist der Mensch. Durch Rodungen hat er seit dem Mittelalter Grasland geschaffen, das ganz unterschiedlich genutzt wurde. In der Umgebung der Dörfer sind Fettwiesen entstanden, die zweimal jährlich geschnitten werden und teils zusätzlich noch als Frühlings- oder Herbstweide dienen. Auch auf den Maiensässen kommen Fettwiesen vor. Hier werden sie jedoch später gemäht als um die Dörfer. In diesen Wiesen blühen viele grossblütige Blumen. Noch attraktiver und vielfältiger sind die Magerwiesen. Diese werden als letzte gemäht und kommen meist an steilen Lagen vor. In den Fettwiesen der Maiensässe und in den Magerwiesen um das Churer Joch findet man Ende Juni so seltene und schöne Blumen wie die Paradieslilie, die Narzissenblütige Anemone oder die Straussglockenblume. Vom Oberberg bis zum Joch führt ein Weg mitten durch ein Flachmoor von nationaler Bedeutung. Der Wasserhaushalt der Flachmoore ist auf ständig zufliessendes Oberflächenwasser angewiesen. Flachmoore benötigen zudem eine mässige Nutzung durch den Menschen, sonst kann auch hier langsam Wald aufkommen. Diese Flachmoore werden erst sehr spät gemäht. Bis weit in den Sommer hinein sind hier Orchideen und andere Pflanzen zu bewundern. Ebenfalls von Menschen beeinflusst ist der Übergang von der Waldstufe zur alpinen, waldfreien Stufe. Um Weideland für die gealpten Rinder und Kühe zu schaffen, wurde die Waldgrenze bis zu zweihundert Meter gesenkt. Dort, wo diese Weiden nur extensiv genutzt werden, haben sich Zwergsträucher wie die Rostblättrige Alpenrose, der Wacholder oder auch die Heidelbeere stark ausgebreitet. Diese Zwergsträucher wachsen auch im Unterwuchs der Fichtenwälder, besonders in höheren Lagen.
Durchwandert man die alpine Stufe mit ihren Rasen und Felsfluren, so fällt ein weiteres, die Landschaft und Vegetation prägendes Element auf: das Gestein. Da in den Alpen die Bodenbildung nur langsam abläuft, stehen die Pflanzen in sehr engem Kontakt mit dem Gestein und die Art dieses Gesteins beeinflusst die Pflanzen viel direkter als in tieferen Lagen mit mächtigen Böden. Wichtig für das Vorkommen bestimmter Pflanzen sind u.a. der Säure- bzw. Basengehalt des Gesteins, der in der Regel vom Vorhandensein von Kalk- oder Silikatgestein abhängt. Viele Pflanzenarten haben sich auf den einen oder anderen Gesteinsuntergrund spezialisiert und sind fast ausschliesslich entweder über basischem oder saurem Gestein anzutreffen. Die Region zwischen Chur und Arosa ist geologisch sehr komplex aufgebaut (vgl. Abb. 2). Auf kurzen Distanzen wechselt die Art der Gesteine und gekoppelt damit das Pflanzenkleid. Beim Durchqueren der Täler Urden, Farur oder Tälli trifft man abwechselnd auf Saure Rasen mit Borstgras und auf Kalkrasen mit Blaugras. Auch die Fels- und Schuttfluren wechseln ihr Pflanzenkleid je nach Gesteinsart. Grosse Teile der alpinen Stufe werden im Sommer beweidet, v.a. mit Schafen. Da in der alpinen Stufe Frühling, Sommer und Herbst sehr schnell aufeinander folgen, können von Juli bis September fast gleichzeitig die verschiedensten Pflanzen beobachtet werden. Besonders das hintere Urdental ist ein floristisch sehr reiches Gebiet mit einigen seltenen und geschützten Pflanzenarten wie der Klebrigen Primel oder dem Edelweiss.
Martin Camenisch
F = Prättigau- und Oberhalbsteinerflysch
Ml = Rhaet und Lias der Aela-Decke
Cu = Curver-Serie, mit Ophiolithen (Platta-Decke)
TD = Tschirpen-Decke
Fm = Malm der Falknis-Decke
Rk = Eingewickeltes Rothornkristallin
Fc = Kreide der Falknis-Decke
Rs = Zugehörige Schichtfolge Perm bis Carnien
Ft = Tertiär der Falknis-Decke
Rw = Raibler Rauhwacke der Rothornschuppe
S = Sulzfluhkalk S Surava
SL = Verkehrte Gipfelschuppe des Lenzerhorns (Silvretta-Decke)
S-D = Sulzfluh-Decke
SM = Muleinschuppe der Silvretta-Decke
Az = Aroser Schuppenzone (schwarz: Ophiolithe)
M = Aroser-Dolomiten-Aela-Decke
Mt = Hauptdolomit