Kraftwerk Lüen

Text und Grafik von Arosa Energie

Vom Prader Boden aus gelangt man über einen abenteuerlichen Waldpfad hinunter zum Kraftwerk Lüen. Dieser spezielle Ort mit dem Kraftwerk mitsamt seiner steilen Standseilbahn ist ein Erlebnis und einen Ausflug wert.

Das Kraftwerk in Lüen wurde in den Jahren 1912-1914 erbaut. Die Wasserfassung befindet sich in Molinis. Das Wasser gelangt durch einen 2470m langen Stollen zum Wasserschloss Lüen. Von dort fliesst es durch eine 710 m lange Druckleitung ins Kraftwerk. Die Entstehung des Kraftwerkes in Lüen hängt untrennbar mit dem Bau der Chur-Arosa Bahn zusammen. Um den Strombedarf der Bahn abzudecken benötigte es den Bau eines eigenen Kraftwerkes, welches die Stadt Chur mitfinanzierte und das Recht für die Wassernutzung der Plessur erhielt.

Kraftwerk Lüen – Aussenansicht

Stromproduzent für die Chur-Arosa-Bahn

Die Geschichte des Kraftwerks Lüen ist untrennbar mit der Entwicklung des Fremdenverkehrs und mit dem Bau der Chur-Arosa-Bahn verbunden. Es war denn auch die Stadt Chur, welche aufgrund des erwarteten Strombedarfs insbesondere für die zukünftige Eisenbahn nach Arosa die Initiative ergriff und das Kraftwerk Lüen baute. 1983 übernahm Arosa Energie den Betrieb des Kraftwerks. Die elektrische Energie aus Wasserkraft brachte noch vor 1900 Licht und Wärme ins hinterste Schan­figg. In der Stadt Chur nahm der Stromkonsum nach 1900 rasant zu, und es zeichnete sich trotz vorhan­dener Ausbauprojekte mit Einbezug der Plessur im unteren Teil ab, dass der Strombedarf nicht für lange Zeit gedeckt werden konnte – insbesondere als es 1912 darum ging, für die in Aussicht stehende Chur­-Arosa-­Bahn Strom zu beschaffen. Der Churer Stadt­rat beauftragte deshalb 1912 das Ingenieurbüro Kürsteiner in Zürich mit der Ausarbeitung eines Bau­projekts für ein Kraftwerk an der Plessur bei Lüen. Ende des gleichen Jahrs beschloss Chur den Bau dieses Werkes.

Aufnahme des Betriebes nach kurzer Bauzeit 1914

Der Bau der Anlage machte rasche Fortschritte und dauerte nur knapp 20 Monaten. Bereits im Oktober 1914, mitten in den Kriegswirren, konnte die Bünd­ner Hauptstadt das Kraftwerk Lüen in Betrieb neh­men. Die Baukosten für die Anlage mit Zentrale be­liefen sich auf 2,294 Mio. Franken.

Kraftwerk Lüen – Bautafel

1915 bis 1942

Am 31. März 1915 war der Stromlieferungsvertrag mit der Stadt Zürich abgelaufen, sodass die Gesamtenergielieferung von den Kraftwerken Lüen und Sand übernommen wurde. Am 16. Dezember 1916 konnten die beiden Werke die überschüssige Ener­gie, variierend von 500 bis 2000 kW, an das Elektrizi­tätswerk der Stadt Zürich verkaufen. 1919 wurde auch ein Energielieferungsvertrag mit der Gemeinde Arosa abgeschlossen, an welche ab 16. März 1919 die Lieferung begann. Im Jahre 1920 folgte ein Energielieferungsvertrag mit der Gemeinde Davos. Zur Energieübertragung wurde eine Freileitung über den Strelapass erstellt. Bereits am 19. Dezember 1920 konnte mit der Energielieferung begonnen werden. Ende April 1922 hörte die Energielieferung an Zürich auf, weil die beiden Werke speziell im Winter nicht in der Lage waren, grössere Mengen Elektrizität abzu­geben. Ab 1. November 1923 wurde ein neuer Liefe­rungsvertrag mit der Stadt Zürich abgeschlossen für Lieferungen nach Zürich und zum Bezuge ab dem Albulawerk der Stadt Zürich in Störungsfällen in den eigenen Netzanlagen von Chur. Die Eigenstromabgabe in Chur nahm ständig zu, so­dass die Werke schon wieder an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit anlangen. Trotz genügendem Wasserzufluss musste im Winter Energie zugekauft werden. Mit der Fahrt mit einer der ältesten Werk­-Standseil­bahnen der Schweiz erreicht man die Zentrale in Lüen. Im Zusammenhang mit dem ersten Umbau des Kraftwerk Lüen in den Jahren 1927–1929 wurde die damalige Anlage mit dieser Standseilbahn er­setzt. Sie wird für Schichtablösungen sowie Material­transporte eingesetzt. In den Jahren 1942 bis 1944 wurde das Projekt des Ausbaues der Plessurstufe Lüen­ Chur ausgearbeitet und am 16. Juli 1947 in Betrieb genommen.

Permanente Erweiterung

Das Kraftwerk mit der Wasserfassung im Wehr Prada­punt unterhalb von Molinis, dem Freispiegelstollen nach Lüen (Länge 2470 m) zum dortigen Wasser­schloss und den zwei Druckleitungen (je 710 m Län­ge) zur Zentrale Lüen (2 Maschinen à 1500 PS und 1 Maschine à 750 PS) nahe dem Flusslauf der Plessur wurde im Laufe der Zeit stetig erweitert. Als nächste Etappe und gewissermassen als Krone der Plessurwerke war der Ausbau der Stufe I Arosa­ Molinis respektive Arosa­ Lüen, mit dem für den Win­terbedarf so wichtigen Stausee in der Isel, geplant. Bereits beim Bau der Stufe III (Lüen ­Chur) wurde diese Ausbaumöglichkeit mitberücksichtigt. Im Zeitraum 1957 bis 1964 wurden dann umfassende Projektierungsarbeiten vorgenommen. Eingehende geologische Studien mit Sondierbohrungen und Sondierstollen im Raume des geplanten Stausees und des Staudammes sowie genaue Geländever­messungen ergaben dann leider, dass der Bau eines grossen Beckens in der Isel bei Arosa mit Risiken verbunden wäre und sehr teuer zu stehen käme. So­mit wurde 1965 auf den Bau der Stufe I verzichtet.

Kraftwerk Lüen – Maschinenhalle

Scheitern eines erneuten Konzessionsvertrages 1975

Unter der Bezeichnung «Gemeindekorporation Kraftwerk Lüen» schlossen sich die Gemeinden im Bereich der im Kraftwerk Lüen genutzten Wasser­kraft sowie Arosa zu einer öffentlich­rechtlichen Kor­poration mit Rechtspersönlichkeit zusammen. Die Gemeindekorporation bezweckt die gemeinsame Wahrung der Interessen der Konzessionsgemeinden Kraftwerk Lüen. Nachdem die Verhandlungen mit der Stadt Chur um einen neuen Konzessionsvertrag scheiterten, unter­breiteten die Konzessionsgemeinden des Kraftwerks Molinis ­Lüen (St.Peter, Molinis, Pagig, Lüen und Tschiertschen) der Gemeinde Arosa 1975 eine Anfra­ge, ob und zu welchen Konditionen die Gemeinde an einer Übernahme und dem Betrieb dieser Kraftwerk­anlagen interessiert wäre. Durch diese Anfrage der Verleihungsgemeinden erlangte die Sicherung der Energieversorgung des Schanfiggs und des Kurorts einen entscheidenden Impuls.

Übernahme des Kraftwerks durch Arosa 1983

Die Lösung stellte eine optimale Nutzung der Wasser­kraft im Schanfigg sowie eine ausreichende, sichere Versorgung über eine Konzessionsdauer von 80 Jah­ren in Aussicht. Die Stimmbürgerschaft nahm an der Urnenabstimmung vom 2. März 1980 diese Vorlage mit 659 Ja zu 53 Nein deutlich an. Am 1. Oktober 1983 übernahm Arosa Energie schliesslich den Be­trieb des Kraftwerks Lüen. Am 24. April 1988 wurden bei einer Kontrolle der Laufräder der Maschinengruppen 1 und 2 grosse Materialabtragungen festgestellt, die eine sofortige Stilllegung der beiden Maschinengruppen erforder­ten. Dieses Ereignis war zugleich der Startschuss für die 1. Sanierungsetappe des Kraftwerks Lüen mit dem Ersatz der Maschinengruppen 1 und 4 durch eine neue Maschine, dem Bau einer neuen Drucklei­tung und diversen baulichen Anpassungen sowie dem Neubau des Unterwerks Forsch. Am 16. Mai 1990 konnte die neue Maschinengruppe 1 mit einer Leistung von 3,7 MW an das Netz gehen.

Wichtig Erneuerungen

In den folgenden Jahren wurden verschiedene Erneuerungen in Angriff genommen. Die Maschine 1 und 2 erhielt neue Pelton­Laufräder, die Mittelspan­nungs­Schaltanlage sowie die Werkseilbahn würden erneuert.

Im April 2013 wurde das von der Axpo, der Gemein­dekorporation KW Lüen und der Gemeinde Tschier­tschen­-Praden gemeinsam erstellte Kraftwerk Sa­genbach erstmals in Betrieb genommen. Die Maschinengruppe dieses Kraftwerks befindet sich in der Zentrale des KW Lüen. Arosa Energie erhielt den Auftrag für die Betriebsführung vor Ort.

Daten aus der Bauzeit

Bereits am 2. Januar 1914 wurde der Stollen durchschlagen. Stollen und Druckleitung konnten am 20. Oktober 1914 unter Druck gesetzt wer­den. Am 21. Oktober 1914 wurde probeweise eine Maschine unbelastet in Betrieb gesetzt. Am 12. und 13. November fanden die Abnahme­versuche statt, die durchwegs gute Resultate zeigten. Am 27. November 1914 wurde mit dem regelmässigen Betrieb die Chur­Arosa Bahn eröff­net. Mit diesem Tag begann auch die regelmässi­ge Stromabgabe an die Bahn durch das Kraft­werk Lüen.

Weitere Informationen zur Standseilbahn finden Sie hier.

  Maschine 1Maschine 2Maschine3
Turbinentyp2-düsige horizontale Pelltonturbine 2-düsige horizontale Pelltonturbine 2-düsige horizontale Pelltonturbine
Baujahr 199019141928
Laufrad Durchm  1350 mm1040 mm1100 mm
Schluckfähigkeit2000 l/s 600 l/s1285 l/s
Generatortyp horizontaler Synchrongenerator horizontaler Synchrongenerator horizontaler Synchrongenerator
Nennleistung  4.4 MVA (3700kW)1.3 MVA (815 kW)3.3 MVA (3300KW)
Nennspannung 10’000 V 10’000 V 10’000 V
Nenndrehzahl  429 U/min500 U/min500 U/min
Produktion 29.9 Mio kWh p.a.3.5 MIo kWh p.a.11.9 Mio kWh p.a.
Produktionsanteil 61.3%10.2%28.5%